Meine heutige Etappe führt mich noch einmal zu den Dörenther Klippen und ich bekomme ein weiteres Mal die Chance, das Hockende Weib von der Seite zu sehen, wie ich es im Internet gesehen habe.
Es ist der 15.02.2017 und ich bin gut eine Stunde vor Sonnenaufgang zu Hause losgefahren. Der Wetterbericht sagt Sonne satt und frühlingshafte Temperaturen. Was will ich mehr.
Pünktlich komme ich am Wanderparktplatz „Dörenther Klippen“ an und mache mich auch sogleich auf den Weg zum Hockenden Weib. Ich komme von der gleichen Seite an die Felsen heran wie bei der letzten Etappe, aber laut Routenplaner soll es einen Weg um die Felsen herum geben. Dort ist auch ein kleiner Weg, jedoch ist er nicht leicht zu begehen, da viele Äste und Stämme herum liegen. Doch ich versuche mein Glück. Ich gehe herum und schaue immer wieder nach oben, aber keine Chance. Ich bin offensichtlich zu nah dran. Wie war das noch mal mit dem Wald und den Bäumen?
Ich lasse das Weib jetzt Weib sein. Ich werde der Dame sicher noch einmal einen Besuch abstatten, aber dann mit meinem Mann. Ihm möchte ich die Klippen gern zeigen und vielleicht zeigt sich das Fräulein nur, wenn ein Mann dabei ist.
Weiter geht es den Hermannsweg entlang. Es gibt direkt neben den Felsen ein Lokal mit Namen Almhütte. Ich lasse sie links bzw. rechts liegen und gehe daran vorbei. Es gibt hier eine Plattform mit Ausblick auf das Weib, aber die ist zu diesem Zeitpunkt geschlossen. Ich gehe aber trotzdem einen schmalen Weg an der Almhütte vorbei, denn ich bin neugierig auf den Ausblick. Und es sieht toll aus.
Ein paar Minuten genieße ich die frische und noch kühle Luft, schließe die Augen und atme tief ein und aus. Und bin in dem Moment wieder sehr dankbar, dass ich die Möglichkeit habe, meine Wanderung zu machen.
Ich löse mich von der Aussicht und gehe langsam weiter. Nach ein paar Schritten kommt eine Gabelung, ich muss rechts den Hermannsweg entlang gehen.
Die Sonne blinzelt immer wieder zwischen den Bäumen hindurch. Das Licht ist so zauberhaft, dass ich gefühlt alle paar Meter ein Foto machen muss. Ich möchte es einfach einfangen.
Ich mag Moos an Bäumen sehr und berühre es gern, es ist so schön weich. Die Kombination aus Moos und Ästen bringt oft wundersame und interessante Gebilde hervor, die meine Fantasie sofort anknipsen. Was seht ihr hier? Also ich sehe Hörner, eine Nase und die Augen sind unter langen Zotteln versteckt.
Mir fällt ein Baum ins Auge. Er sieht ein bisschen deplatziert aus zwischen den hohen Nadelbäumen. Er trägt noch sein Laub und es scheint, als ob er es in den warmen Sonnenstrahlen tanzen lässt.
Und ein paar Meter weiter stehen die Bäume in Reih und Glied. Hier ist klar, das der Mensch Hand angelegt hat. Bei diesem Anblick kann ich gar nicht anders, als mit meiner Kamera ein bisschen Abwechslung und Sonnenlicht in die aufgereihten Soldaten hinein zu bringen.
Der Routenplaner zeigt mir an, dass der Weg jetzt einen großen Bogen um das Ende der Dörenther Klippen macht. Der Wald ist hier von Laubbäumen, vor allem Buchen, geprägt.
Die Sonne steht jetzt hoch oben am Himmel und hat schon richtig Kraft.
Der Berg ist umrundet und ich bin auf dem Rückweg. Der Wald wird wieder mehr zum Nadelwald. Ein Teil der Strecke ist eine Art Trimm-Dich-Pfad und es versammeln sich tatsächlich einige Menschen am Startpunkt. Ich gehe lieber schnell weiter.
Und dann bin ich auf einmal mitten im Märchenwald. Und ich liebe Märchen. Ich muss sofort an die DEFA Märchenfilme denken. Die wurden hier sicher nicht gedreht, aber das hier ist für mich ein Winter-Märchenwald. Jetzt fehlt zu meinem Glück nur ein Waldgeist oder ein kleiner Kobold, der mich begrüßt. Nun, ich mache mich auf die Suche, wer weiß …
Ich hab das Zuhause der Wald-Kobolde gefunden. Ich bleibe einen Augenblick stehen. Es regt sich nichts, wahrscheinlich sind sie noch am Schlafen. Und da ich sie nicht stören möchte, gehe ich leise weiter.
Ich verlasse den Märchenwald und nach ein paar Schritten wird der Weg recht steinig und der Wald sieht wieder anders aus.
Nanu? Was finde ich denn hier? Die wohl größte Stimmgabel der Welt. Wer hat die denn hier vergessen? Die Kobolde waren es sicher nicht. Gibt es hier etwa auch Waldriesen?
Ich befinde mich jetzt wieder auf dem Weg Richtung Weib und bemerke, dass ich die Strecke schon auf dem Hinweg gegangen bin. Habe wohl den Abzweig verpasst. Geplant habe ich einen parallelen Weg zum Hermannsweg. Ich gehe ein Stück zurück und sehe eine Abzweigung. Das ist zwar nicht der geplante Weg, aber die beiden kreuzen sich ein paar hundert Meter weiter, so zeigt es mir zumindest die App an. Also geht es weiter. Der schmale Pfad schlängelt sich mitten durch den Wald und ich komme immer wieder an ein paar Felsen vorbei.
Auf einmal ist der der Weg zu Ende. Ich schaue auf die App, die sagt “Sie befinden sich auf der Tour.” Hmpf. Was hab ich denn da geplant? Was bedeuten in der Karte die schmalen grünen Linien? Wie alt ist die Karte?
Ich schau mich ganz in Ruhe um. Ja, noch bin ich ganz ruhig. Ich stehe mitten auf einem Felsen und blicke um mich herum, aber es geht immer nur nach unten. Kein Weg in Sicht. Zurückgehen? Da hab ich keine Lust drauf, denn ich bin schon gut eine dreiviertel Stunde hier in dem Wald unterwegs, insgesamt heute schon 8 Kilometer. Es muss einen anderen Weg geben. An der einen Seite sieht es so aus, als wäre vor mir auch schon jemand in der gleichen Situation gewesen, denn ich sehe Schubabdrücke. Es geht an der Stelle ca. 2 Meter den Felsen nicht ganz so steil herunter. Ich packe die Kamera in den Rucksack, kaputt gehen muss jetzt ja nichts. Alles gut verstaut, begebe ich mich zum dem Spalt und rutsche auf dem Hosenboden hinab. Sicher ist sicher.
Unten angekommen geht der Pfad ein paar Meter weiter und dann ist wieder Ende. So geht das noch eine ganze Weile weiter, ich kraxle durch den Wald, hoch und wieder runter, mittlerweile auch nicht mehr ganz so ruhig. Ich sehe einfach keinen Weg oder ein Ende des Waldes.
Doch dann sehe ich in der Ferne, durch die kahlen Bäume hindurch, ein grünes Feld leuchten. Und ich denke, wo ein Feld, da auch sicher eine Straße, also nichts wie hin. Plötzlich scheuche ich auch noch ein Rudel Rehe auf, die schnell durch den Wald davon rennen. Ich kann nur ein “Tschuldigung” murmeln. Ich wollte nicht mitten durch den Wald gehen, aber jetzt muss ich da durch.
Am Feldrand angekommen, sehe ich auch wieder den Weg, die “Teutoschleifen”. Puh, geschafft. Jetzt werde ich auch wieder ruhiger.
Ich gehe also entspannt Richtung Auto, lasse das Weib einfach links liegen und darf noch dem Rufen eines Uhus lauschen. Ein wunderbarer Abschluss der märchenhaften und abenteuerlichen Etappe.
Den Streckenverlauf der 3. Tour zum “Nachlaufen” findet ihr hier.